Konzertreise Baltikum 2014, Tallinn Konzerte

Text: Julian Jaros, Fotos: Brigitte Fässer und Gianni Horst

Es ging so fröhlich weiter, wie es angefangen hatet. Auf dem riesigen Festivalgelände fanden sich jeden Tag bis zu 20‘000 Sänger und 100‘000 Zuschauer ein. Einige Esten witzelten, dass jederzeit circa 10% der gesamten Landesbevölkerung anwesend sind. Trotzdem waren kaum Ordner oder Polizisten zu entdecken, so ausserordentlich friedlich und besinnlich war diese Menschenmasse.

 

Neben dem Konzertbereich ging es zu und her wie an der Basler Messe: Leckereien und Getränke, in Handarbeit gefertigte Souvenirs und jede Menge traditionelle Kleidung wurden feilgeboten. Nur in zwei abgegrenzten Bereichen wurde auch Bier an die Erwachsenen ausgeschenkt, ansonsten war alles hochgradig familienfreundlich. So kamen auch zehntausende anwesende Kinder voll zum Zug. Wir kosteten für uns ungewöhnliche Delikatessen wie Biberfleisch und erquickten uns an der gelösten Stimmung.

Kinder-, Frauen-, und Männerchöre sangen erst getrennt, dann am wichtigsten Moment, dem Schlusskonzert am Sonntagabend, auch gemeinsam. Einheimische Komponistengrössen, allen voran Veljo Tormis, haben zum Teil über Jahrzehnte ergreifende Chorstücke beigesteuert, die nun zu einer hochemotionalen Atmosphäre beitrugen. Jedes Lied wurde mehrfach gesungen, und selbst nach offiziellem Programmschluss sangen Tausende ihre Lieder wieder und wieder auf dem Nachhauseweg.

 

Das Motto „Aja puudutus. Puudutuse aeg.“ (in Englisch „Touched by Time. The Time to Touch.“) wurde gelebt. Diese Estinnen und Esten lieben sich und ihr Land, und wir freuten uns mit ihnen. Anscheinend sind die Esten bekannt für einen ausgeprägten Individualismus, so wurde uns berichtet. Umso schöner war es zu sehen, wie gelöst und brüderlich sich das Volk während dem Festival verhielt.

 

Wer einen Eindruck der Konzerte haben möchte, schaue folgende ergreifende Videos des estnischen Staatsfernsehen: Mu isamaa on minu arm(ein Lied mit ähnlicher Bedeutung wie die Nationalhymne), Puudutus (auf Deutsch: "Berührung"; sehr empfohlen!), oder das stimmungsvolle Lied Sind surmani mit instrumenteller Begleitung spät abends!

Es ist nicht selbstverständlich, an diesem Anlass teilnehmen zu dürfen. Die rund 900 einheimischen Chöre wurden einer strikten Auswahl unterzogen, sodass nur ein Bruchteil der ausserordentlich zahlreichen Chöre in Estland auf der Bühne singen durfte. Alle ausländischen Chöre, darunter auch die Männerstimmen Basel, mussten Monate im Voraus Aufnahmen von einem Dutzend Lieder aus dem ausschliesslich aus estnischen Stücken bestehenden Festivalprogramm an das Organisationskomitee einschicken. Die nur etwa 40 zugelassenen fremden Chöre hatten also auch eine strenge Selektion zu überstehen. Zudem waren auch die Zuschauertickets stets ausverkauft.

 

Umso mehr genossen wir diesen emotionalen Anlass, der mit seiner Grösse, Einzigartigkeit und Tradition es auf die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ der UNESCO geschafft hat.

 

Danke Estland für ein einmaliges Erlebnis – das gemeinsame Musizieren war wundervoll! Mit Glücksgefühlen kam unsere Zeit in Tallinn zu Ende, und das zweite Kapitel der Reise in Riga (Lettland) stand bevor.

Mit freundlicher Unterstützung von:
Kanton Basel-Stadt Kultur
Kanton Basel-Landschaft Kultur
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